IV.10
Otto
Gilbert
Bibliothekar in Göttingen
24.6.1911 / Zeitungsausschnitt:
Prof. Dr. Otto Gilbert, dessen Hinscheiden im gestrigen Abendblatt
gemeldet wurde, war 1839 in Hannover geboren; er widmete sich von 1859
bis 1866 dem Studium der Theologie, Philosophie und Geschichte und promovierte
1867 in Marburg zu Doktor der Philosophie. Nachdem er einige Jahre in Hameln
als Gymnasiallehrer tätig gewesen war, trat er in den Bibliotheksdienst
und zugleich in die akademische Laufbahn. Unter Wilmanns, dem späteren
Generaldirektor der kgl. Bibliothek in Berlin, war er zuerst Assistent
und Kustos, später Bibliothekar an der Göttiger Universitäts-
bibliothek. Gleichzeitig erwarb er die Venia legendi an der Universität
und wurde später zum a.o. Professor befördert. Im Jahre 1886
wurde er an die Spitze der Universitätsbiblio-thek in Greifswald berufen
und wirkte in dieser Stellung bis 1899. Seitdem lebte er in Halle im Ruhestand.
In die Wissen-schaft führte sich Gilbert mit einer gründlichen
Abhandlung über die Rede des Demosthenes peri parapresbeias ein, in
der er den Versuch machte, durch Umstellung einzelner Teile der Rede größere
innere Geschlossenheit und berein- stimmung mit den Gesetzen der
rhetorischen Kunst zu ver- leihen. Es folgte eine Untersuchung "ber
die Festzeit der attischen Dionysien" (1873), die den Verfasser in eine
literarische Fehde mit Theodor Mommsen verwickelte. Von Interesse wegen
der Selbständigkeit der Auffassung ist auch Gilberts Schrift "Rom
und Karthago in ihrer gegenseitigen Beziehung 241-218 v.Chr." (1876), in
der er den Nachweis zu führen sucht, daß Polybius bei der Darstellung
dieser Epoche im Interesse der Römer im höchsten Maße tendenziös
ver- fahre; die zuverlässige berlieferung sei allein bei Fabius Pictor
zu finden. Das historisch-philosophische Hauptwerk Gilberts ist seine umfassende
"Geschichte und Topographie der Stadt Rom im Altertum" (3 Bde. 1883 bis
1890), die freilich in wesentlichen Punkten durch die Forschungen Chr.
Hülsens, Bonis und anderer überholt ist. Aus der Zahl seiner
sonstigen Arbeiten sind besonders zwei hervorzuheben: die "Grundsätze
der Griechischen Götterlehre" (1898) und die preisgekrönte Schrift
über "Die meteorologischen Theorien des griechischen Altertums" (1907).
In seinen letzten Lebensjahren widmete sich der unermüdlich tätige
Mann mitVorliebe vergleichenden religionsgeschichtlichen Studien. Seine
praktischen Erfahrungen auf dem Gebiete des Biblio- thekwesens hat er in
einer Reihe von Abhandlungen, wie "Zur Frage der Raumausnutzung in Büchermagazinen"
u.a. niedergelegt.
geb. Hannover 24.9.1839, gest. 23.6.1911
verh. Johanna Jahns, Tochter der Pastorenwitwe Jahns in Hildesheim
IV.11
Gustav
Gilbert
Professor und Gymnasiallehrer in Gotha,
war besonders Vertreter der griech. Sprache und Literatur,
geb. 25.12.1843, gest. 1899
verh. Toni Brandes aus Hamburg, gest. Gotha Jan. 1891